In diesem Blog veröffentliche ich Buchauszüge, Gedichte und eigene Gedanken zum Thema des inneren Kindes und des Kindseins überhaupt.
Eigentlich haben wir viele innere Kinder in uns: solche voller Energie, aber auch verletzte und sterbende Kinder, die wieder zu wirklichem Leben erweckt sein wollen ...
Ohne lebendige innere Kinder sind Erwachsene ohne wirkliche Individualität und oft nicht fähig zu spielen und kreativ zu sein ... Wie also die Kinder in uns wahrnehmen, wie mit ihnen umgehen?

Donnerstag, 1. Mai 2008

Chopich / Paul: Das geliebte Kind

Das geliebte Kind
Das innere Kind, das sich geliebt fühlt, ist das ursprüngliche innere Kind. Es ist die Quelle unserer Lebendigkeit, unserer Begeisterungsfähigkeit und unseres Potentials, uns zu wundern und in Erstaunen zu geraten. Das geliebte Kind in uns ist etwas so Kostbares und Schönes, dass ein auch nur sehr flüchtiger Kontakt mit ihm uns die Tür zu reiner Lebensfreude öffnet. Das geliebte Kind ist stark, dynamisch und voller Leidenschaft; es ist verspielt und neugierig und immer für neue Ideen und Erfahrungen offen. Aus dem natürlichen inneren Kind fließen unsere Kreativität, unsere Intuition und unsere Fähigkeit, an­deren Menschen zu vertrauen. Wenn das innere Kind eines Heranwachsenden von seinen Bezugspersonen geliebt wurde oder wenn der innere Erwachsene es geschafft hat, es längere Zeit liebevoll zu betreuen, ist es weich, sensibel, flexibel und sehr liebevoll. Im geliebten inneren Kind liegt unser Wissen von der grundsätzlichen Gleichheit aller Menschen und der inneren Verbindung aller Lebewesen. Das geliebte innere Kind ist im ganzheitlichen, nichtlinearen Sinne weise und wissend, das heißt, es vermag aus einer Gesamtheit vieler und gleichzei­tiger Erfahrungen und Eindrücke Schlüsse zu ziehen und hält sich nicht an das schrittweise, logische und lineare Denken, das der innere Erwachsene praktiziert. [...]
Das Kind, das die Welt holistisch und nicht logisch-linear betrachtet, ist Träger unserer Fähigkeit zur tiefen emotionalenund spirituellen Verbindung zu uns selbst und zu anderen. Das geliebte innere Kind kann uns sagen, was wir spüren und wün­schen, weil es ein deutliches Gefühl dafür hat, was ihm guttut und was ihm schadet. Es ist das geliebte innere Kind in uns, das weiß, was das Beste für uns ist, was angenehme und was unan­genehme Gefühle in uns hervorruft. Diese Gefühle informie­ren uns sehr präzise darüber, was uns glücklich oder unglück­lich macht. Menschen, die mit ihrem inneren Kind nicht in Kontakt sind, haben zu vielen ihrer Gefühle und damit zur Quelle dieses Wissens keinen Zugang.
Unsere Gesellschaft schätzt die Logik außerordentlich hoch ein, während sie die Weisheit, die aus den Gefühlen kommt, abwertet; sie misst der linken Gehirnhälfte große Bedeutung bei, während sie die rechte ignoriert. Dadurch wurde ein er­schreckendes Ungleichgewicht geschaffen: die Macht der Lo­gik ohne die Macht der Weisheit. Weisheit ist die Summe aller unserer Erfahrungen, die als Gefühle gespeichert sind. Wenn Sie nicht fühlen können, was wahr ist, dann heißt das, dass Sie Ihre Weisheit nicht nutzen können. Viele Menschen, die ihre Gefühle und die Weisheit des Kin­des verleugnen, haben versucht, sich eher durch das Handeln als durch das Handeln und Sein eine Identität zu schaffen. Hängt die Identität eines Menschen nur damit zusammen, was er tut? Und was ist mit unserer Existenz, unserem bloßen Da-Sein? Was ist mit unserer Weichheit, Zärtlichkeit, Intui­tion, unserem Einfühlungsvermögen, unserer Wahrneh­mungsfähigkeit und unseren Gefühlen? Was ist mit unserer Neugier, Spontaneität und Verspieltheit? Wir werden unsere Kraft und Weisheit so lange nicht voll ausschöpfen können, bis wir erkennen, dass jene Eigenschaften genauso wichtig sind wie unsere äußeren Leistungen.
!!Das geliebte Kind hat Mitgefühl - es kann die Gefühle anderer nachempfinden. Es ist dieser Aspekt unserer Persönlichkeit, der andere retten und von ihrem Schmerz erlösen möchte. Dem geliebten inneren Kind tut es weh, wenn es andere leiden sieht, und es möchte etwas tun, um ihren Schmerz zu lindern. Der liebevolle Erwachsene muss dem Kind helfen zu erkennen, wann das Bedürfnis zu helfen ein Akt der Liebe ist und wann es zur Bevormundung wird.
Das geliebte Kind ist verspielt und phantasievoll. Menschen, die in Kontakt mit diesem lustvollen und lebendigen Aspekt ihrer Persönlichkeit sind, strahlen Begeisterung und Lebensfreude aus. Menschen, die in Verbindung mit ihrem inneren Kind sind, reagieren auf das Leben voller Spontaneität und Lebendigkeit. Sie sind im positiven Sinne spontan; sie sind weder impulsiv und unkontrolliert noch zurückgezogen und gehemmt.
Es besteht ein großer Unterschied zwischen »kindlich« (leb­haft und spontan) und »kindisch« (impulsiv und unkontrol­liert). Dieser Unterschied wird oft ignoriert, und der spontane Mensch, die verspielte und phantasievolle Persönlichkeit, die noch fähig ist, sich zu wundern, wird für unreif oder naiv gehalten; man hält ihr vor, sie müsse doch endlich erwachsen werden. Deswegen lassen viele Menschen ihr inneres Kind im Stich oder versuchen wenigstens, es zu verstecken. Erwach­sene, die von ihrem inneren Kind abgetrennt sind, tun sich schwer damit, zu spielen und Vergnügen zu haben. Für die meisten von ihnen bedeutet Spielen und Sichvergnügen, be­stimmten typischen Erwachsenenaktivitäten nachzugehen, zum Beispiel an einer offiziellen Party teilzunehmen, ein ele­gantes Restaurant zu besuchen oder einen Film anzuschauen, einen sportlichen Wettkampf zu beobachten, sich zu betrinken oder mit Drogen zu betäuben.
Das innere Kind ist für unser Wohlbefinden von entschei­dender Bedeutung. Unsere Fähigkeit, uns zu freuen und Spaß zu haben, hängt von der Tiefe der Verbindung zu unserem inneren Kind ab. Echtes Spielen ist etwas ganz anderes als nur eine der genannten Erwachsenenaktivitäten, und es ereignet sich eher spontan als geplant. Dem echten Spielen liegt eine spielerische Einstellung zugrunde, die sich überall verwirkli­chen kann. Unsere Freude am Spiel können wir im Zoo oder auf einer Schaukel ausleben oder auch beim Schlangestehen auf dem Markt oder beim Kochen - wir spüren sie, wenn wir in Kontakt mit unserer Lebensfreude sind. Diese Freude ist ein fließendes, berauschendes Gefühl, das unsere Fähigkeit zu la­chen aktiviert. Wann haben Sie sich das letzte Mal wirklich gehen lassen und Ihre Lebensfreude gespürt? Oft erlauben wir uns das nur, wenn wir frisch verliebt sind. !!Irgendwie können wir es Verliebten zugestehen zu springen, zu tanzen, zu singen, sich zu kitzeln und wie Kinder zu spielen, während wir dasselbe Verhalten bei denen, die nicht verliebt sind, als unangemessen ansehen. Vielleicht ist es gerade dieser Aspekt des Verliebtseins, den wir alle als so anziehend und belebend empfinden. Viel zu schnell jedoch beschließen frisch Verliebte, dass es nun an der Zeit sei, sich verantwortungsbewusst zu verhalten (in der Über­zeugung, dies heiße, das innere Kind zu ignorieren). Sie spalten dann das innere Kind ab und schlagen sich ganz auf die Seite des Erwachsenen oder auf die Seite des verlassenen Kindes. Oder ihre Angst vor Zurückweisung und Kontrolle gewinnt die Oberhand, und ihre Schutzmechanismen treten in Kraft. Nach und nach distanzieren sie sich von den Gefühlen des Kindes. Am Ende finden sie dann oftmals den Weg in unsere Praxis und beklagen sich, dass ihre Beziehung nichts mehr hergebe [...] und dass sie einfach nicht wüssten, wie sie mit sich selbst und mit ihrer Umwelt wieder in Kontakt kommen könnten! Manchmal ent­scheiden sie sich, sich von dem betreffenden Partner zu trennen und suchen sich einen neuen Spielkameraden, und der Kreis­lauf beginnt aufs neue. Eine solche Entwicklung ist im Allgemeinen nicht nötig, wenn Sie für Ihre eigenen Gefühle die Verantwortung übernehmen und sich darauf einlassen, mit Ih­rem inneren Kind zu lernen.
Unsere Sinnlichkeit - das tiefe Erleben von Berührung, Ge­schmack, Geruch und Gehör - gehört zum inneren Kind. Kin­der sind sinnliche Wesen. Sie nehmen das Leben mit ihrem Körper, mit ihren Sinnen wahr. Sie lassen sich auf jede Erfah­rung ganz vorurteilsfrei und unschuldig ein, da sie ganz und gar im Augenblick leben. Sie gehen frei und mit schwingenden Armen, und sie singen, wenn ihnen danach ist. Sie berühren fast alles, was sie sehen. Das Wichtigste jedoch ist, dass sie es lieben, zu umarmen und umarmt zu werden! Genau so werden wir selbst, wenn wir die Verbindung zu unserem inneren Kind aufnehmen. Die meisten von uns sagen zu sich selbst: „Es gibt eine Zeit zum Spielen und eine Zeit zum Arbeiten, und wenn es Zeit zum Spielen ist, dann werde ich mit meinem inneren Kind Kontakt aufnehmen.“ Aber stellen Sie sich vor, wie heiter Ihr Leben dahinfließen würde, wenn Sie die meiste Zeit, und sogar die Arbeitszeit, an einem verspielten, kreativen, lustvollen Ort verbringen würden. [...]

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